Klassische (unmotorisierte) Tretroller werden immer beliebter. Das heißt aber nicht, dass du sie oft sehen kannst. Denn Tretroller bilden eine kleine Niche. Gerade im Vergleich zum omnipräsenten Fahrrad.
Ihre Besitzer schwören auf den Ganzkörper-Trainingseffekt und schieben sich auch mal recht zügig mit ihrem mysteriösen Gefährt durch die Landschaft.
- Doch woher kommen die Tretroller eigentlich?
- Wer ist der Erfinder der Tretroller? und
- Wann wurden Tretroller erfunden?
Fragen, die auch ich mir gestellt habe und dessen Antworten mich häufig überraschten.
Wie alles begann – Adieu Pferd
Wir befinden uns am Anfang des 19. Jahrhunderts und die Fortbewegung in der Öffentlichkeit hat sich in den vergangenen hunderten Jahren nicht großartig verändert.
Man geht zu Fuß oder besitzt einen Vierfüßler der einem das Tragen schwerer Lasten und des eigenen Körpergewichts abnimmt. Das Pferd ist das Mittel erster Wahl und nicht wegzudenken.
Aber es gibt schlaue Köpfe und viel Erfindergeist in diesen Jahren und so macht sich tatsächlich ein deutscher Baron auf, den ersten Vorgänger des Fahrrads und Tretrollers zu erfinden.
Karl von Drais ist dabei sehr kreativ und entwickelt im Jahre 1817 ein pferdeähnliches Konstrukt, dass eine Fortbewegung abseits des Gehens erlaubt.
Die Beine des Pferdes werden durch Laufräder ersetzt und der Rücken durch einen Längsbalken. Ein Querbalken vor dem Fahrer dient einer entspannteren Haltung durch Ablegen beziehungsweise vielmehr Abstützen der Unterarme. Der Sattel bleibt quasi erhalten und findet auf dem “neuen Rücken” Platz.
Doch wie sagt man dem Holzpferd in welche Richtung es laufen soll?
Die Zügel wurden starr gestaltet und führten zum Kopf (zur Spitze) des Gefährts und von dort wieder zurück zur Vorderradachse. Also ein antiker Fahrradlenker.
Und die Pferdestärken? Wie kam man nun voran? Kette und Pedale?
Noch nicht!
Dieses erste Fahrrad (auch “Draisine”, “Laufmaschine” oder “Dandy Horse” genannt) musste durch eine Laufbewegung in Fahrt gebracht werden. Man setzte sich auf den Sattel und stieß sich abwechselnd mit den Beinen ab. Man lief also mit der Draisine zwischen den Beinen los und wenn man die gewünschte Geschwindigkeit erreicht hatte, nahm man die Beine hoch und rollte weiter.
Klingt seltsam und ineffektiv?
Nun ja, wenn man bedenkt, dass die einzige nicht Pferde-Alternative das Gehen war, konnte man so immerhin eine Verdreifachung der Geschwindigkeit erreichen! Das war schon was.
Laufmaschine und Tretroller
Ist das nicht schon ein Tretroller?
Noch nicht ganz!
Aber der Weg vom hölzernen Pferdeersatz zum Tretroller ist nicht groß. Was fehlt ist eigentlich nur eine Änderung der Position auf der Draisine. Würde aus der sitzenden eine aufrechte stehende Haltung werden, wäre man nah dran.
Und so legt es auch eine Enzyklopädie aus dem Jahre 1850 nahe. Dort ist die Rede von einer weiteren Draisine, die aber etwas anders aufgebaut ist:
“Diese leichte Draisine hat zwei Achsenräder und ein kleines Lenkrad; man steht auf derselben, wenn man fährt , und es soll nicht mehr Mühe machen, als das Schreiten; und bei einiger Beschleunigung soll man mit solcher Schnelligkeit dahin fahren, als ein Pferd galloppirt.”
Artikel “Velocipede”, in: Johann Georg Krünitz: Ökonomisch-technologische Enzyklopädie, Band 203 (1850), S. 427 ff (elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier http://www.kruenitz.uni-trier.de/)
Et voilà!
Der erste Tretroller war geboren!
Carl Ferdinand Langhans hat den ersten Tretroller erfunden.
Das genaue Geburtsjahr ist aber leider nicht überliefert. Aber in dem Kontext der Erfindung der Draisine ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Tretroller im gleichen Zeitraum entstand.
Auch ein Bild existiert leider nicht, aber der Übergang von der Draisine zum Tretroller ist mittels der Beschreibung leicht vorstellbar. Man versetze den Längsbalken Richtung Boden und stelle sich darauf. Fertig!
Okay, die Hinterachse war mit zwei Rädern, statt wie heutzutage mit einem Rad ausgestattet. Aber dies lag an der damaligen Zeit.
Probleme mit dem Zweirad
Denn die damaligen Mobilitätslösungen stellten die Nutzer nicht vor die Herausforderung das Gleichgewicht selber zu halten.
Es gab Pferde und Pferdewagen. Und beides neigt nicht zum umkippen.
Doch bei der Draisine und dem Tretroller waren diese Fertigkeiten nun notwendig und brachten die Nutzer vor arge Probleme.
Langhans begegnete der Tatsache, indem er statt eines direkt zwei Hinterräder verbaute. Dies machte das ganze Gefährt deutlich stabiler und somit nutzerfreundlicher.
Doch ein weiteres Problem konnte er nicht beseitigen. Der Untergrund für die Laufmaschinen war einfach noch nicht gut genug. Es gab nur wenige Straßen und befestigte Wege. Häufig waren nur die Fußwege wirklich gangbar und einigermaßen eben.
Dies erschwerte das Vorankommen ungemein und war sicher einer der Gründe, warum sich die Draisinen nicht durchsetzen konnten.
Außerdem kam es bei dieser neuen Fortbewegung zu einem gewissen (heutzutage sicher zu beschmunzelnden) Verschleiß:
Wenn man eine Fahrt von ein Paar Meilen damit macht, so kostet es ein Paar Stiefelsohlen, denn von dem immerwährenden scharfen Auftreten mit dem Fuße um die Maschine schnell zu bewegen, wird das Sohlenleder so dünn abgerieben, daß Löcher entstehen.
ebd.
Nach der Erfindung
Die neuen “einspurigen” Fortbewegungsmittel sind auf Grund der Probleme schnell wieder von der Bildfläche verschwunden.
Die nächsten Schritte waren Verbesserungen und Weiterentwicklungen, die aus der Draisine das Fahrrad entstehen ließen.
Die Pedale gab hier den ersten entscheidenden Impuls.
Doch wie ging es mit dem Tretroller weiter?
Offizielle Aufzeichnungen sind rar gesät und so kann man davon ausgehen, dass eine kommerzielle Nutzung in den folgenden Jahrzehnten ausblieb.
Anfang des 20. Jahrhundert waren die Mittel bescheiden und so gab es nur privat gebaute Spielzeugroller für Kinder (heutzutage “Cityroller” genannt).
Bessere Materialien und technische Weiterentwicklungen machten den klassischen Tretroller zum Ende des 19. Jahrhunderts wieder nutzbar.
Als Schlittenhundeersatz wurde er in Finnland zum Training genutzt und der Cityroller wurde durch Wim Ouboter wieder populär gemacht.
Heutzutage gibt es eine große Bandbreite an Tretrollern. Sowohl im Stadtleben im Nahverkehr als auch als Sportgerät erfreuen sich die Tretroller wieder wachsender Beliebtheit.
Eine Übersicht über die Einteilung der Tretroller gibt es in meinem Beitrag https://scooterundroller.de/was-ist-eigentlich-ein-tretroller-ein-ueberblick/
Happy Rolling!
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