Fahrrad wie Tretroller benutzen – Was ist erlaubt?

Martin

Von Martin

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Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen ein Fahrradfahrer in einen verkehrsberuhigten Bereich kommt, oder mal eben über einen Zebrastreifen möchte.

Absteigen und Schieben ist die einfachste Variante, aber natürlich auch sehr unbeliebt. Denn wer will sein Fahrrad schon neben sich herziehen?

Doch Fahrräder kann man ja auch fortbewegen ohne in die Pedale zu treten. Auf einem Bein abgestützt auf einer Pedale – wie bei einem Roller.

Doch ist das erlaubt? Handelt es sich dann wirklich um einen Tretroller?

Was darf man mit einem Tretroller und mit einem Fahrrad nicht?

Tretroller und Fahrräder sind aus rechtlicher Sicht absolut unterschiedliche Kategorien und werden deshalb auch komplett anders behandelt.

Fahrräder sind Fahrzeuge gemäß der Straßenverkehrsordnung (StVO) und werden auch so behandelt. Sie unterliegen diversen Vorgaben, wie den Sicherheitseinrichtungen und den zugelassenen Fahrbereichen.

Fahrräder dürfen natürlich auf (gemeinsamen und geteilten) Radwegen fahren. Außerdem auf Straßen, wenn keine Radwege vorhanden sind. Tabu sind Fußgängerbereiche (Gehwege, Fußgängerzonen etc.).

Tretroller sind keine Fahrzeuge, sondern Sonstige Fortbewegungsmittel gemäß § 24 StVO. Vereinfacht gesagt dürfen sie überall dort betrieben werden, wo auch Fußgänger sich aufhalten (Wo darf man mit einem Tretroller fahren? – Das musst du wissen!).

Damit sind die Fahrbereiche genau gegensätzlich und ein Fahrrad ist grundsätzlich nicht da anzutreffen, wo auch Tretroller sind.

Welche rechtlichen Probleme gibt es?

Diese räumliche Trennung ist in der Praxis nicht so einfach wie es auf dem Papier aussieht.

Gerade als Radfahrer ist das Interesse gering einen Fußgängerüberweg nur schiebend zu überqueren oder nur langsam durch eine leere Fußgängerzone zu schlendern.

Häufig wird das Verbot missachtet und einfach normal gefahren.

Aber es gibt auch die Fahradfahrer mit schlechtem Gewissen, die einen Fuß auf die Pedale stellen und sich tretrollernd durch die verbotene Zone begeben.

Was ist erlaubt?

Doch gilt Fahrradrollern nun als “Führen eines Fahrzeugs” oder handelt es sich sinngemäß doch nur um einen Tretroller?

Was sagt die Rechtsprechung?

Eine eindeutige Aussage wäre natürlich schön, aber es gibt rechtskräftige Urteile, die beide Varianten begründen. Ich stelle dir hier beide Lager einfach verständlich in Kurzform dar.

Pro Tretroller-Fahrrad

Das Oberlandesgericht Stuttgart Az.: 5 Ss 479/87 von 1987 und das Kammergericht Berlin Az.: 12 U 68/03 von 2004 haben Sachverhalte geprüft, in denen Radfahrer die Rollermethode bei Fußgängerüberwegen angewandt hatten.

Beide Gerichte kamen zu dem Schluss, dass es sich bei dieser Art der Fortbewegung nicht um Radfahren gehandelt hat.

Fußgänger ist dabei auch, wer ein Fahrrad mit sich führt oder sich mit ihm untypisch – etwa durch wiederholtes Abstoßen mit einem Fuß – fortbewegt

OLG Stuttgart

Die Entscheidung des OLG Stuttgart ist natürlich schon über 30 Jahre her, aber dafür von einer recht hohen Instanz und wird aber weiterhin regelmäßig bei solchen Sachverhalten zitiert.

Auch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart bezog sich in einer Stellungnahme auf die beiden hier angegeben Urteile und stützt diese Rechtsauffassung.

Contra Tretroller-Fahrrad

Ganz so eindeutig ist die Argumentation dann aber doch nicht, denn das neueste Urteil zu dem Thema ist von 2019 und kommt vom Amtsgericht München Az.: 912 OWi 416 Js 133752/19.

Aus der Begründung geht (vereinfacht gesagt) hervor, dass zum Führen eines Fahrzeugs notwendig ist, dass man dieses in Bewegung setzt oder während der Fahrbewegung lenkt.

Der Betroffene führte hier das Fahrrad im Rechtssinne, da er auf dem Fahrrad stehend dieses mit einer Hand lenkte, unter Abstoßens mit einem Fuß in Fahrt hielt und mit beiden Füßen, abgesehen vom Abstoßen, vom Boden entfernt war

Amtsgericht München

Auch hier scheint die Argumentation schlüssig, auch wenn sie der bisherigen Auffassung widerspricht.

Was sollte ich beim Fahrradrollern beachten?

Wie wir gesehen haben ist die Rechtslage nicht eindeutig und es gibt Entscheidungen, die in beide Richtungen gehen.

Du kannst dich also nicht darauf verlassen, dass du im Recht bist und gefühlt ja nur einen Tretroller führst.

Sei vorsichtig bei solchen Annahmen und dir bewusst, dass du ein rechtliches Risiko trägst.

Entschieden wird vor Gericht

Zwar handelt es sich bei den Verstößen zumeist nur um kleine Ordnungswidrigkeiten, aber es kann durch dein Verhalten auch zu Unfällen mit Personenschaden kommen.

Gerade an Fußgängerüberwegen ist die Verkehrssituation häufig nicht einfach.

Kommt es tatsächlich zu einem Unfall mit Personenschaden ist der Streitwert schnell in sehr hohen Bereichen und verlässt die bagatellhaften 15 EUR Ordnungswidrigkeit. Außerdem siehst du dich dann der moralischen Schuld gegenüber, wenn durch dein Verhalten ein Mensch zu Schaden gekommen ist.

Sei also vorsichtig, fahre / roller langsam und nimm dich lieber einmal mehr zurück, auch wenn du dich im Recht siehst.

Was kann ich bei einer Ordnungswidrigkeit tun?

Kommt es zu einem Strafverfahren (durch Verursachen enes Unfalls) ist der Sachverhalt in jedem Fall vor Gericht und du beim Anwalt.

Doch wie sieht es aus, wenn es nur um die Ordnungswidrigkeit geht?

Dann kannst du dich natürlich selbst schlau machen und rechtliche Argumente sammeln, Urteile heraussuchen und dann einen entsprechenden Widerspruch verfassen.

Meine beiden “Pro-Urteile” werden eine gute Grundlage dafür bilden.

Außerdem kannst und solltest du dich an den ADFC wenden. Dieser hilft gerne mit vorbereiteten und rechtssicheren Schreiben, die so mache Ordnungswidrigkeit erledigen können.

Oder du bezahlst einfach die 15 EUR und denkst über den Kauf eines eh viel gesünderen Tretrollers nach 😉


Happy Rolling!

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