Sind E-Scooter in Deutschland erlaubt? – Eine unglaubliche Geschichte

Martin

Von Martin

Aktualisiert:

Das Gute vorweg: JA!

Aber das ist noch gar nicht allzu lange so. Inzwischen gibt es zum Glück die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (den umfassenden Guide von scooterundroller findest du hier).

Bis Anfang 2019 sah das aber noch ganz anders aus, und von dieser Zeit ist auch der folgende, inzwischen historisch anmutende, Artikel 😉

Trotzdem viel Spaß beim Lesen dieses kleinen antiken Schatzes!


Das Schockierende vorneweg: NEIN!

Stand heute (17.10.2018) sind Elektro-Scooter in Deutschland illegal!

ABER es soll bald eine neue Verordnung herauskommen.

Über den jetzt gültigen Stand der Rechtslage soll dir der folgende Beitrag einen Überblick geben. Am Ende weißt du genau, warum die aktuelle Situation so schwierig ist, welche Strafen theoretisch drohen und hast schon mal einen kleinen Einblick in die zukünftige Verordnung bekommen.


So ein Elektro-Tretroller ist eine feine Sache. Er ist klein, handlich und umweltfreundlich. Ein ideales Transportmittel in der Stadt und im Verbund mit dem öffentlichen Nahverkehr. Insbesondere für die „last mile“ ein fast unschlagbares Gefährt. Doch sind E-Scooter überhaupt legal? Was sagt eigentlich die aktuelle Gesetzeslage und was bedeutet das für dich?

Was ist denn nun so ein E-Roller vor dem Gesetz?

In Zeiten der Elektromobilität und Energiewende dachte auch ich, dass so ein Elektroroller offene Türen einrennt. Natürlich müsste es Regelungen und Verordnungen zu dem Thema geben und natürlich ist alles für uns ganz klar definiert – schließlich sind wir Deutschen ja Bürokratie-Weltmeister!

Aber weit gefehlt! Die Klasse der Elektro-Scooter gibt es (noch) nicht. Kaum zu glauben aber wahr.

Warum gibt es denn keine Regelung für Elektro-Roller?

Vereinfacht gesagt sind unsere geliebten E-Scooter zu neu (zumindest zu neu für die Gesetzgebung…also absolutes #Neuland).

Es gibt bisher keine eigene Verordnung und auch keine Aufnahme in bestehende Regelungen (wie zum Beispiel für Segways in der Mobilitätshilfenverordnung). Damit fallen sie unter die ganz allgemeinen und damit nicht gerade neuen Regelungen aus der StVO und den weiteren gesetzlichen Vorgaben.

Was sagt die StVZO zu den Elektro-Rollern?

Alle neuen (bzw. nicht erfassten) Fahrzeuge, die auf den Markt kommen gelten als Kraftfahrzeuge, wenn sie motorbetrieben und schneller als 6 km/h sind. Und genau dies trifft auf unsere E-Scooter zu. In der Regel erreichen diese nämlich Geschwindigkeiten von 25 km/h und aufwärts. Somit ist dein E-Scooter ein Motorroller vor dem Gesetz – und das passt natürlich gar nicht!

Zwar kannst du mit so einem Gefährt dort fahren, wo die Regelungen nicht gelten, aber das sind nur Privatgrundstücke (wie Firmengelände oder Ähnliches). Den Roller effektiv einsetzen kann der Otto-Normalverbraucher so natürlich nicht.

Welche Voraussetzungen muss ein Scooter aktuell erfüllen?

Dies sind unter anderem:

  • Versicherungspflicht
  • Führerscheinpflicht
  • Zulassungspflicht
  • Bauliche Vorgaben (Rückspiegel, Reflektoren, 12V Lichtanlage, Versicherungskennzeichen)

Das klingt ziemlich umfangreich? Stimmt, ist es auch und macht die Nutzung von Elektrorollern im Alltag damit für uns fast unmöglich. So ein umgebauter und rechtlich sicherer E-Scooter wiegt nämlich gerne mal 45 kg und ist alles andere als handlich! Schnell mal zusammengeklappt und mit in die Bahn genommen? Keine Chance!

Gilt das auch für andere elektrische Mobilitätshelfer?

Wie du weißt, gibt es eine Vielzahl von Kleinstgeräten auf dem Markt und es kommen in aller Regelmäßigkeit neue hinzu. Nicht nur als Fun-Gerät stellen sie einen immer größer werdenden Anteil der Fahrzeuge im Verkehr dar. Hierzu zählen u.a.

  • Monowheels
  • Elektro-Skater
  • Hover Boards etc.

Und für alle gilt: Der Betrieb ohne die harten gesetzlichen Vorgaben ist nicht erlaubt!

Welche Strafen drohen mir wenn ich sie trotzdem nutze?

Drastische. Theoretisch.

Das Gericht entscheidet

Der Gesetzgeber hat natürlich ein starkes Interesse daran, dass das Führen von Kraftfahrzeugen zum Schutze aller mit starken Reglementierungen ausgestattet ist. Durchsetzen lassen sich solche Vorschriften nur, wenn man auch Strafen hierfür einführt und durchsetzt. Und diese gibt es natürlich auch!

Dennoch: Kanonen auf Spatzen – ist hier das passende Sprichwort, wenn es um die E-Scooter geht.

Denn wenn du einen handelsüblichen Elektro-Roller auf deutschen Straßen betreibt, musst du sogar mit mehreren Straftaten rechnen:

  • Verstoß gegen Versicherungspflicht
  • Fahren ohne Fahrerlaubnis

Dazu kommen noch diverse Ordnungswidrigkeiten. Dein Gerät wird beschlagnahmt und der Sachverhalt landet beim Staatsanwalt. Dort drohen dir (theoretisch) Gefängnisstrafen bis zu 1 Jahr.

Neben der strafrechtlichen Seite gibt es natürlich auch eine privatrechtliche. Im Falle eines Unfalls werden sich Versicherungen fragen, ob dein illegal betriebenes Gefährt unter die allgemeine Haftpflicht oder die Kfz-Police fällt. Und hier stehen die Chancen für dich schlecht! Du wirst also auf dem Schaden sitzen bleiben.

Wird wirklich so hart durchgegriffen?

Nun ja, das lässt sich natürlich nicht so genau sagen.

Grundsätzlich gilt einmal, dass Polizeibeamte eine Verpflichtung zur Verfolgung von Straftaten haben. Damit gibt es keinen Ermessensspielraum wie bei Ordnungswidrigkeiten! Du musst also unmittelbar mit einer Anzeige rechnen!

Dazu müsste ein Polizist natürlich die genaue Rechtslage kennen. Bei solchen komplexen und neuen Sachverhalten gibt es vielleicht auch mal eine kleine Unsicherheit. Aber verlassen, solltest du dich hierauf natürlich nicht!

Sollte die ganze Sache tatsächlich Mal vor dem Staatsanwalt landen, wird auch hier fraglich sein, welches Strafmaß wirklich angewendet wird. Mit einer Geldstrafe wirst du aber mit Sicherheit rechnen müssen.

Mir ist bisher kein solcher Fall bekannt, aber das Risiko sollte definitiv niemand eingehen!

Warum sind dann Elektro-Fahrräder erlaubt?

Weil es für sie eigene Regelungen im Straßenverkehrsgesetz gibt. Sie besitzen einen Motor, der das Fahren lediglich unterstützt. Der Antrieb erfolgt nach wie vor durch Muskelkraft. Hört man auf zu treten, wird auch das Fahrrad stehen bleiben. Damit sind sie keine Kraftfahrzeuge und können wie ein normales Fahrrad betrieben werden.

Und Segways?

Auch hier gilt: Es gibt eigene Regelungen. In der Mobilitätshilfenverordnung sind diese Gefährte erfasst und es ist ein Betrieb mit einem Mofa-Führerschein und einem Versicherungskennzeichen möglich!

Sind Elektro-Scooter damit dem Untergang geweiht?

Mit Sicherheit nicht! Allein der (trotz der aktuellen Rechtslage) wachsende Anteil zeigt: der Bedarf nach kleinen elektrischen Mobilmachern ist riesengroß!

Und tatsächlich gibt es in der Legislative Bemühungen diese Lücke zu schließen! Bereits im Jahr 2018 soll eine Regelung zu „Elektrokleinstgeräten“ gefunden werden.

(Einen ausführlichen Beitrag zum Entwurf der Verordnung bekommt ihr hier.)

Hierzu wurde im Jahr 2014 eine Studie durch die Bundesregierung beauftragt, die die „Bundesanstalt für Straßenwesen“ durchgeführt hat. Die Ergebnisse sind leider (noch) nicht öffentlich, aber bilden die Grundlage für die kommenden Vorschriften.

Werden die neuen Regeln E-Scooter uneingeschränkt erlauben?

Davon kannst du leider nicht ausgehen. Aber schauen wir mal ein Wenig ins Detail:

  1. Versicherungsschutz:

Hier war eigentlich beabsichtigt, dass die allgemeine Haftpflicht die Abdeckung übernimmt. Eine sinnvolle Regelung, die keine großen Hürden für uns bereitet hätte.

Der aktuelle Entwurf sieht so eine leichte Lösung nun doch nicht vor. Es ist aktuell davon auszugehen, dass wir dann ein Versicherungskennzeichen brauchen (und eine entsprechende Versicherung erforderlich sein wird).

  1. Geschwindigkeitsbegrenzung:

Hier liegt schon eher der Hase im Pfeffer. Elektrokleinstfahrzeuge sollen nämlich nur 12 bis 20 km/h fahren. Die meisten aktuellen Modelle sind deutlich schneller unterwegs und würden damit nicht unter die neuen vereinfachten Regelungen fallen. Einige Händler haben bereits reagiert und entwickeln Softwarelösungen zur Drosselung der Leistung.

Ob dies aber zulässig und marktfähig sein wird muss sich erst noch zeigen. Ich erwarte, dass so eine neue Limitierung automatisch einige neue Modelle auf den Plan rufen wird. Die Nachfrage wird hier den Markt bestimmen und es kann sich nur um Wochen oder Monate handeln, bis es mehr und mehr Modelle mit einer Limitierung auf 20 km/h für uns geben wird!

  1. Fahrbereiche:

Dein E-Scooter wird zwar wie ein Fahrrad behandelt werden, darf aber dann auch nur dort von dir betrieben werden, wo ein Fahrradweg zur Verfügung steht.

Ausgenommen würden dann sämtliche Straßen (ohne separaten Fahrradweg) und Fußgängerbereiche sein! Eine ziemlich starke Einschränkung die es den E-Rollern schwer machen wird.

Aus meiner Sicht ein schwer einzuhaltender Zustand und vielleicht eine Reaktion auf die Erfahrungen in den USA. Aber hier haben die kleinen Helfer erstmal einen Fuß in der Tür und im Idealfall weicht diese harte Einschränkung nach und nach auf.

(Hier der ausführliche Beitrag zum Entwurf der Verordnung)

Was bedeutet das jetzt für mich?

Genau sagen, kann man das erst, wenn die neuen Vorschriften wirklich in Kraft treten!

Aktuell ist der Entwurf veröffentlicht, bringt aber viele Probleme und wenig Lösungen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Verordnung durch (sinnvollen) Widerstand aus einzelnen Parteien noch einmal verzögert wird. Im Idealfall kommt dann (wenn auch vielleicht etwas später als gehofft) eine Verordnung zu Stande, die der neuen Mobilität gerecht wird.

Fakt ist, dass durch die neuen Regelungen die Illegalität der E-Scooter ein Ende hat. Der Anfang für unsere kleinen Helfer ist gemacht, auch wenn zu Anfang noch viele Einschränkungen gelten könnten.

Du besitzt bereits einen E-Roller? – Glückwunsch, bald könnte dieser legal sein! Und wenn nicht, dann vielleicht legal gemacht werden, wenn dein Hersteller entsprechende Drosselungen ermöglicht. Außerdem wird deine Haftpflicht dich mit etwas Glück und Kulanz absichern.

Du hast noch keinen E-Scooter? – Kein Problem. Im Idealfall werden die Regelungen zeitnah veröffentlicht. Dann bist du auf der sicheren Seite und kannst dir überlegen ob und welches Modell für dich das beste ist!

Mein persönliches Fazit

Es geht voran. Ich bin wahnsinnig gespannt wie sich das Ganze entwickelt. Ich hoffe sehr darauf, dass unsere geliebten E-Roller bald die Elektromobilität in Deutschland auf ein neues Level heben werden! Auch wenn wir etwas langsam in der Umsetzung sind, und scheinbar auch etwas halbherzig, zeigen andere Länder und deren bestehenden Vorschriften, dass es möglich und sinnvoll ist diesen Weg zu gehen!

Happy Rolling!

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